Die Ausstattung im Erbrecht

Die Ausstattung, die im familienrechtlichen Bereich des BGB geregelt ist, spielt in der Praxis gerade im Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsrecht eine wichtige Rolle.

I.    Der Begriff der Ausstattung
Die Ausstattung ist in § 1624 I BGB legaldefiniert. Demnach ist die Ausstattung das, was einem Kind
–    mit Rücksicht auf seine Verheiratung oder
–    mit Rücksicht auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung
–    zur Begründung oder zur Erhaltung der Wirtschaft oder
–    zur Begründung oder zur Erhaltung der Lebensstellung
vom Vater oder der Mutter zugewendet wird.
Es besteht jedoch kein Anspruch auf Gewährung einer Ausstattung. Seitens der Eltern zugewandte Vermögenswerte gelten als Ausstattung, beispielsweise die Mitgift oder Aussteuer aufgrund der Heirat eines Kindes, die Einrichtung eines Betriebes zur Erlangung der selbständigen Lebensstellung des Kindes, die Tilgung von Schulden des Kindes oder Schwiegerkindes, sowie mietfreies „Wohnenlassen“ des Kindes.

II.    Rechtliche Einordnung der Ausstattung
Der Ausstattung liegt ein eigenständiger Rechtsgrund zugrunde. Somit ist sie gem. § 1624 BGB keine Schenkung im Sinne des § 516 ff BGB. Dementsprechend ist das Schenkungsrecht auf die Ausstattung grundsätzlich nicht anzuwenden. Das bedeutet, dass die Ausstattung nicht an bestimmte Formvorschriften, die im Schenkungsrecht Anwendung finden, gebunden ist (z. B. § 518 BGB – notarielle Beurkundung des Schenkungsversprechens) und somit auch formlos erfolgen kann. Einzige Ausnahme hiervon ist die sogenannte Übermaßausstattung, bei der Schenkungsrecht anzuwenden ist. Diese ist dann gegeben, wenn die Zuwendung nicht mehr den Vermögensverhältnissen des Erblassers entspricht.

III.    Rechtsfolgen der Ausstattung im Miterben- und Pflichtteilsrecht
Die Ausstattung kann, anders als die Schenkung, nicht zurückgefordert werden, wenn der Ausstattungsgeber verarmt oder sich der Ausstattungsempfänger groben Undanks schuldig macht. Im Erbfall unter Abkömmlingen sind Ausstattungen grundsätzlich auszugleichen, sofern diese gesetzliche Erben werden oder auf gleich hohe Erbteile letztwillig berufen worden sind (§ 2050 I BGB).
Durch Vereinbarung mit dem Ausstattungsempfänger kann die Ausgleichung der Ausstattung auch formlos ausgeschlossen werden. Im Hinblick auf das Pflichtteilsrecht ist ein solcher vereinbarter Ausschluss jedoch nach herrschender Meinung unzulässig. Dem zukünftigen Erblasser hilft zu einer solchen Vereinbarung lediglich ein Erb- oder Pflichtteilsvertrag mit den übrigen Pflichtteilsberechtigten in der Form des § 2348 BGB.
Die durch Ausstattung zugewendeten Vermögenswerte unterliegen nicht der Pflichtteilsergänzung, da die Ausstattung gerade keine Schenkung ist. Die Ausstattung gilt jedoch dann als Schenkung, wenn sie das den Vermögensverhältnissen des Ausstattungsgebers entsprechende Maß überschreitet, also Übermaßausstattung vorliegt. Daraus folgt, dass dieses Übermaß pflichtteilsrelevant ist.

IV.    Ausstattung oder Übermaß?
Bei der Feststellung des für die Pflichtteilsergänzung relevanten Übermaßes einer Ausstattung bestehen in der Praxis Schwierigkeiten. Es kommt hier auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls an. Ferner ist prozessual durch richterliches Ermessen zu entscheiden. Bei hohen Einkünften des Erblassers werden auch Zuschüsse, die ihnen entsprechen, nicht übermäßig sein. Es kommt allein auf den Zeitpunkt der Zuwendung an, für die Frage, ob eine Ausstattung oder Übermaß gegeben ist.

V.    Fazit
Auch bei übermäßiger Zuwendung bleibt die Ausstattung dogmatisch zunächst eine Ausstattung und ist regelmäßig auszugleichen. Sie gilt jedoch dann als Schenkung, soweit das Übermaß erreicht ist. Insgesamt führt die Ausstattung selbst zur Ausgleichung gem. §§ 2050 ff BGB. Das Übermaß unterliegt zunächst den Rechtsfolgen der Schenkungsnormen und kann daher zu einem selbständigen Pflichtteilsergänzungsanspruch führen, §§ 2325 ff BGB. Der erbrechtliche Berater darf diese zusätzlichen Anspruchsmöglichkeiten nicht übersehen auch wenn die Ermittlung des Übermaßes tatsächliche Schwierigkeiten bereitet. Um dem Gericht für dessen Ermessensentscheidung hinreichend Entscheidungsgrundlagen zu liefern ist hierzu in einem Prozess umfangreich vorzutragen.
Tanja Stier
Rechtsanwältin