Pflichtteilsbeschränkung als Maßnahme der Zwangsfürsorge

Pflichtteilsentziehungen werden oftmals als Strafe angewandt, während die Pflichtteilsbeschränkung eine Maßnahme der Zwangsfürsorge in den Fällen darstellt, in denen beim Pflichtteilsberechtigten eine Überschuldung oder Verschwendung vorliegt.
Die Pflichtteilsbeschränkung ist in § 2338 BGB geregelt und setzt weder ein Verschulden des Abkömmlings noch das Einverständnis des Erblassers mit dem Lebensstil  des Abkömmlings voraussetzt. Auch ist für die Zulässigkeit ohne Bedeutung, ob der Erblasser dem Abkömmling seinen Lebensstil oder dergleichen später verzeiht.
Sinn und Zweck des § 2338 BGB ist es, das Familienvermögen vor den Gläubigern des Pflichtteilsberechtigten zu schützen und der Verschwendungssucht des Abkömmlings entgegen zu wirken.
Verschwendungssucht kann dann bejaht werden, wenn eine Lebensweise vorliegt, die einher geht mit dem Hang zu zweck- und nutzlosen Vermögensverwendungen. Keine Voraussetzung ist jedoch, dass eine Notstandsgefahr für die Familie eingetreten ist.
Eine Überschuldung ist in Anlehnung an das Insolvenzrecht dann anzunehmen, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt.
Liegen andere Gründe, wie beispielsweise die Zugehörigkeit zu einer Sekte, Suchtprobleme, etc., vor, ist die Pflichtteilsbeschränkung im Sinne des § 2338 BGB nach herrschender Meinung nicht möglich.
Liegt also Verschwendungssucht oder eine Überschuldung auf Seiten des Pflichtteilsberechtigten vor, kann er nach § 2338 BGB verschiedene Pflichtteilsbeschränkungen  anordnen.  Als Gestaltungsmöglichkeiten sind die Anordnung einer Nacherbschaft und / oder die Anordnung einer Veraltungstestamentsvollstreckung genannt. Die Pflichtteilsbeschränkungen könne nur durch letztwillige Verfügungen angeordnet werden. Weiterhin ist erforderlich, dass der Grund der Beschränkung angegeben wird, vgl. § 2338 Abs. 2 BGB. Da die Pflichtteilsbeschränkung nicht mehr wirksam ist, wenn der ihr Grund im Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr besteht, sollten zum Grund Ausführungen gemacht werden. Liegt also eine Überschuldung des Vermögens oder die Verschwendungssucht des Pflichtteilsberechtigten zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr vor, so werden die angeordneten Beschränkungen gegenstandslos. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass positive Veränderungen zwischen der Errichtung des Testaments und dem Erbfall keine Auswirkungen haben. Tritt auch erst nach dem Erbfall eine Besserung ein, hat dies auch keine Auswirkungen auf die Anordnung von Pflichtteilsbeschränkungen. Es bleibt jedoch dem Erblasser überlassen, auch die spätere Besserung des Lebenswandels zu belohnen, indem er beispielsweise die Pflichtteilsbeschränkung unter die auflösende Bedingung der Besserung stellt.

Tanja Stier

Rechtsanwältin