Wirksamkeitsvoraussetzungen eines sogenannten „ Drei- Zeugen- Testaments“

In § 2250 BGB wird das Nottestament vor drei Zeugen geregelt.
Voraussetzung für solch eine Errichtung des Testaments ist, dass sich der Testierende entweder an einem abgesperrten Ort aufhält oder sich in einer sehr nahen Todesgefahr befindet, sodass es für ihn unmöglich ist ,dass die Errichtung des Testaments vor dem Notar oder aber auch vor dem Bürgermeister, § 2249 BGB, nicht mehr möglich ist.
Die Errichtung des Testaments erfolgt mündlich vor drei Zeugen, wobei sie allerdings niedergeschrieben werden muss.
Das mündlich gelieferte Testament kann in jeder beliebigen Sprache erfolgen, erforderlich ist hierbei, dass alle drei Zeugen dieser Sprache mächtig sind.
Wann ist aber ein Drei- Zeugen- Testament, das errichtet wurde, unwirksam?
Solch ein Fall wurde vor dem OLG München entschieden:

Zum Fall:

Am 17. 06. 2007 ist die Erblasserin im Alter von 72 Jahren verstorben, ihre Tochter bereits 1981 und ihr Ehemann im Jahre 2005.
Hinterbliebene sind: die Schwester des Ehemannes der Erblasserin, wie auch die eigene Schwester der Vererbenden.
2 weitere Schwestern der Erblasserin ( A. und M.) sind bereits tot, allerdings ist der Ehemann der bereits verstorbenen A. noch am Leben, wie auch deren Kinder.
Ebenso sind die Kinder der M. am Leben.
Ein weiterer hat die Erbschaft ausgeschlagen.

Vom 09. 06. 1988 liegt ein gemeinschaftliches Testament vor, in dem die Ehegatten zum gegenseitigen Erben bestimmt sind.
Weiter ist geregelt, dass nach dem Tod beider Ehegatten, die Schwestern der Erblasserin zum Erben eingesetzt werden.
Am Ende des Testaments ist eine Bemerkung hinzugefügt: „ Änderung vorbehalten“, wie auch die Unterschriften beider Ehegatten.
Die Erblasserin setzt im Nachhinein allerdings den noch lebenden Ehemann der Schwester A. als Erben ein.
Dies geschah mit handschriftlicher Verfügung am 03. 03. 2006.
Nachdem die Erblasserin aus ihrem Rollstuhl gestürzt war, befand sie sich vom 04. 05.- 01. 06. 2007 im Krankenhaus.
Die Folge des Sturzes war, dass sie ihre rechte Hand nicht mehr gebrauchen konnte.
Am Mittwochnachmittag, den 30. 05. 2007, errichtete sie ein Nottestament, mit dem sie die Schwester des Ehemannes, wie auch ihre eigene, noch lebende Schwester, zu gleichen Teilen zu Erben einsetzte.
Angefertigt wurde die Niederschrift von der Schwester des Ehemannes, von der Erblasserin und drei weiteren Zeuginnen, die bei der Errichtung anwesend waren, unterschrieben.
Bei den Zeuginnen handelt es sich um die Altenpflegerin, die mit der Schwester des Ehemannes die Erblasserin besuchte.
Eine weitere Zeugin war die dort arbeitende Krankenschwester M.
Zum 01. 06. 2007 wurde die Erblasserin in ein Pflegeheim entlassen, wo sie 13 Tage später, nämlich am 14. 06. 2007, in ein Koma fiel und aus diesem Grund wieder ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.
Drei Tage später verstarb sie.
Nach dem Tod der Erblasserin beantragten die Schwester und die Schwägerin der Erblasserin einen Erbschein, der sie als Miterben zu je einer Hälfte auswies.
Die Erben waren der Meinung, dass das Nottestament vom 30. 05. 2007 wirksam sei, da ein Notar aufgrund der akuten Todesgefahr, nicht mehr rechtzeitig hätte gerufen werden können.
Ferner wurde angebracht, dass zumindest befürchtet wurde, dass die Erblasserin sehr bald testierunfähig werden würde.
Dies wird allerdings von dem Ehemann der verstorbenen Schwester, wie auch von den Kindern der verstorbenen M. bestritten, ihrer Meinung nach ist die Ergänzung des Testaments vom 03. 03. 2006 maßgeblich für die Erbfolge.
Daraufhin holte das Nachlassgericht eine schriftliche Stellungnahme der Krankenschwester, wie auch der Testamentszeugin M. ein.
Ebenso von der behandelnden Ärztin Dr. S. und der Pflegedienstleistung des Pflegeheims.
Außerdem wurde der Entlassungsbericht des Krankenhauses vom 31. 05. 2007, wie auch die Pflegedokumentation des Heimes vorgelegt.
Das Nachlassgericht wies mit Beschluss vom 27. 02. 2008 den Erbscheinsantrag zurück.
Somit blieb die Beschwerde der Schwester des verstorbenen Ehemannes erfolglos, ihre weitere Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung des Landgerichts vom
03. 11. 2008

Ausgeführt hat das Landgericht folgendes:

Da alle drei Zeuginnen am Nachmittag des 30. 05. 2007 subjektiv nicht von einer Todesgefahr überzeugt gewesen waren, diese objektiv auch nicht vorlag, ist das Nottestament unwirksam.
Außerdem gehe aus der Mitteilung der Krankenschwester an das Nachlassgericht hervor, dass sie nicht geglaubt habe, dass sich die Erblasserin am Nachmittag des 30. 05. 2007 in einer nahen und akuten Lebensgefahr befinde.
Ferner sei sie auch nicht davon ausgegangen, dass die Erblasserin einer unmittelbar bevorstehenden Testierunfähigkeit ausgesetzt sei.
Sie habe den Eindruck gehabt, dass sie Erblasserin sehr wohl in der Lage gewesen sei, die Bedeutung, wie auch die Tragweite einer letztwilligen Verfügung zu erfassen.
Aus diesem Grund komme es nicht mehr drauf an, dass die zwei weiteren Zeuginnen subjektiv von einer nahen Todesgefahr ausgingen.
Außerdem habe es auch objektiv an einer nahen Todesgefahr gemangelt, sodass ein Notar hätte herangezogen werden können.
Gezweifelt wird auch, ob nicht noch am gleichen Nachmittag ein Notar herangezogen werden konnte, da es in München ungefähr 80 Notare gibt und die Testamentserrichtung an einem Werktag zu üblichen Bürozeiten erfolgte.
Wenn es an diesem Nachmittag nicht mehr möglich gewesen wäre, einen Notar heranzuziehen, so hätte zumindest am Folgetag ein Notar bestellt werden können, da eine akute Gefahr für die Erblasserin nicht ersichtlich war, sodass der Notar hätte zu spät kommen können.
Ferner kann auch am weiteren Verlauf des Geschehens erkannt werden, dass keine Todesgefahr bestand, da sie zwei Tage nach der Testamentserrichtung aus dem Krankenhaus entlassen wurde.
Erst nach weiteren zwei Wochen ist sie ins Koma gefallen, worauf sie dann am 16. 06. 2007 verstarb.
Außerdem spricht gegen das Vorliegen einer Todesgefahr die Aussage der behandelnden Ärztin Dr. S. , die mit der Auskunft der Krankenschwester übereinstimmt.
Die Erblasserin sei zwar schwer krank gewesen, aber eine unmittelbare Todesgefahr hätte nicht bestanden.
Dem Entlassungsbericht vom 31. 05. 2007 zu Folge, sei die Erblasserin eine wache, allseits orientierte Patientin, somit ist die Annahme einer nahen Todesgefahr nicht annehmbar.

Tanja Stier
Rechtsanwältin