§ 1896 BGB gibt grundsätzlich keine gesetzliche Grundlage dafür, den Betreuer zu ermächtigen, das Wohnhaus des Betreuten gegen dessen Willen zwangsweise öffnen zu lassen, um es, beispielsweise zu Verkaufszwecken, zu betreten.
Das Amtsgericht hat im Jahr 2006 die Beteiligte zur Betreuerin der an Demenz leidenden Betroffenen bestellt. Zu den Aufgabenkreisen gehört die Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge, Vertretung gegenüber Behörden und Institutionen, Wohnungsangelegenheiten sowie Entgegennahme und Öffnen der Post. Die Betroffene, die im Heim lebt und nur dort lebensfähig ist, ist Eigentümerin eines 1950 erbauten möblierten Hauses. Da es in der Nähe des Heims gelegen ist, wird es von ihr des Öfteren aufgesucht. Da Ersparnisse und Einkünfte der Betroffenen demnächst nicht mehr ausreichen werden um die Heimkosten zu bestreiten, hält die Beteiligte den Verkauf des Hausgrundstücks für erforderlich. Des Weiteren befürchtet sie, dass von dem Haus Gefahren ausgehen könnten. Insoweit weigert sich die Betroffene, der Beteiligten den Schlüssel des Hauses auszuhändigen oder mit ihr das Haus zu besichtigen. Daraufhin hat die Beteiligte am 11.01.2007 beim Amtsgericht die Genehmigung beantragt, das Wohnhaus sowie alle darin befindlichen Räume von einem Schlüsseldienst öffnen zu lassen, um es besichtigen zu können und gegebenenfalls sichernde Maßnahmen vornehmen zu können. Dem hat das Amtsgericht unter Auflagen stattgegeben. Das Landgericht hat die Beschwerde der Betroffenen, die es auch als gegen die Betreuerstellung gerichtet angesehen hat, insoweit zurückgewiesen und den Beschluss des Amtsgerichts im Übrigen, hinsichtlich der Ermächtigung der Beteiligten, das Haus öffnen zu lassen, aufgehoben. Gegen diesen Beschluss richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.
Die weitere Beschwerde, die nach §§ 27, 29, 20, 21 FGG zulässig ist, ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 FGG, 546 ZPO).
Das Landgericht hat ausgeführt, dass es an einer Rechtsgrundlage für eine vormundschaftliche Ermächtigung der Betreuerin, das zwangsweise Öffnen und Betreten des Hauses herbeizuführen. Hierbei stützt es seine Entscheidung auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs, nach dem eine vormundschaftliche Genehmigung, einen Betroffenen zwangsweise einer Dauermedikation zuzuführen, die erforderliche gesetzliche Ermächtigung nicht gegeben sei. Eine Zwangsbehandlung dieser Art stelle einen Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Freiheit einer Person dar. So ein Eingriff darf jedoch nur auf Grundlage eines Gesetzes erfolgen. Die dem Betreuer mit der Betreuerstellung verliehene Rechtsmacht sei nicht ohne weiteres mit der Macht, die getroffene Entscheidung unter Eingriff in geschützte Grundrechte des Betroffenen zwangsweise durchzusetzen, verbunden. Zwar beziehen sich die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in erster Linie auf einen Eingriff in die Freiheit einer Person. Jedoch kann hinsichtlich eines Eingriffs in das grundgesetzlich geschützte Recht der Unver¬sehrtheit der Wohnung (Art. 13 GG) nichts anderes gelten. Dies ergebe sich auch unmittelbar aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Darin heißt es, das Betreuungsrecht verzichtet – wie auch im grundrechtsrelevanten Bereich des Betretens er Wohnung – auf Regelungen. Des Weiteren hat der Bundesgerichtshof die Auffassung des Landgerichts Berlin, welches die Möglichkeit einer vormundschaftlichen Genehmigung zum zwangsweisen Betreten der Wohnung bejaht hatte, ausdrücklich abgelehnt. Übereinstimmend mit der wohl überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur hält der Senat diese Auffassung für zutreffend. Um den Anforderungen an ein Gesetz, das Eingriffe in grundgesetzlich geschützte Rechte gestattet, zu genügen, ist die gesetzliche Grundlage, nach § 1896 BGB einen Betreuer zu stellen, zu allgemein. Da das Haus der Betroffenen noch nicht geräumt ist, ist Art. 13 GG hier anwendbar. Einzuräumen ist, dass in Folge dieser Auffassung die Tätigkeit eines Betreuers erschwert wird und Maßnahmen, die an sich zum Wohl des Betroffenen geboten erscheinen, unterbleiben müssen. Im vorrangingen Interesse des Grundrechtsschutzes ist dies jedoch hinzunehmen. Aufgrund des Art. 13 VII GG können Gefahren, die vom Haus ausgehen sollen, vorliegend begegnet werden. Es bietet sich möglicherweise eine Unterkunft und Pflege der Betroffenen an, die mit ihren laufenden Mitteln bestritten werden könnte. Aufgrund der gegebenen Rechtslage ist zu erwägen, dass der Staat zunächst in Vorlage tritt und sodann seine Forderungen gegen die Betroffene im Wege der Zwangsvollstreckung in das Grundstück durchsetzt.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 07.11.2007, Az: 2 W 196/07
Tanja Stier
Rechtsanwältin