Betreuervergütung: Unterbringung des Betreuten in einer Pflegefamilie als Heimunterbringung

Die Unterbringung in einer Pflegefamilie fällt grundsätzlich nicht unter den Heimbegriff des § 5 III VBVG i. V. m. § 1 II HeimG, bei der Berechnung der Betreuervergütung nach § 5 II 1 Nr. 4 VBVG (mittellos / Heim) oder nach § 5 II 2 Nr. 4 VBVG (mittellos / nicht im Heim). Eine Ausnahme kann dann vorliegen, wenn die Unterbringung in der Pflegefamilie von einem Heimträger veranlasst und von diesem überwacht wird, weil die Pflegefamilie in die Gesamtorganisation des Heimträgers integriert ist.
Die Beteiligte zu 1. ist am 17.04.2003 für die Betroffene bestellt worden, die seit 2001 in einer Pflegefamilie wohnt. Bei ihr besteht eine psychische Erkrankung, aufgrund derer sie 2004 längere Zeit stationär in einer Psychiatrie untergebracht war. Sie wurde in Form der psychiatrischen Familienpflege bis Ende 2005 von einer Einrichtung betreut. Die Zuständigkeit ging ab 2006 auf einen Verein über. Die Betreuung wurde durch dieselbe Person ausgeübt, da sich die Betroffene an diese gewöhnt hatte. Sie besuchte bis Ende 2005 die Tagesstätte für psychisch Kranke in Schwäbisch-Hall. Bis dahin wurde der Betreuerin eine Vergütung nach den Kriterien „mittellos / nicht im Heim / 44 € pro Stunde“ bewilligt. Für den nachfolgenden Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2006 hat das Vormundschaftsgericht – Notariat Gaildorf II – mit den Beschlüssen vom 9. Und 14.02.07 die Ansicht vertreten, dass die Unterbringung der Betroffenen den Berechnungskriterium „im Heim“ entspreche und hat daraufhin nur die entsprechend reduzierte Pauschale bewilligt.
Das Landgericht hat am 10.07.2007 auf die Beschwerden der Betreuerin die Beschlüsse des Notariats abgeändert und die Betreuervergütung unter Zugrundelegung des Berechnungskriteriums „nicht im Heim“ festgesetzt. Der Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse hat gegen die am 23.07.2007 zugestellte Entscheidung weitere Beschwerde eingelegt, die vom Landgericht in dem angefochtenen Beschluss zugelassen worden war. Die Betreuerin ist dem Rechtsmittel entgegen getreten.
Der Senat hält die sofortige weitere Beschwerde zwar für zulässig, in der Sache jedoch für unbegründet. Obwohl die Erstbeschwerden fast zwei Monate nach Abfassung der Beschlüsse des Notariats eingelegt wurden, kann von einer Verfristung und damit Unzulässigkeit nicht ausgegangen werden, da eine ordnungsgemäße, die Beschwerdefrist in Lauf setzende Zustellung nicht erfolgt ist.
Im vorliegenden Fall geht es um die Subsumtion des unstreitigen Sachverhalts unter den Begriff „Heim“ im Sinne des § 5 III VBVG i. V. m. § 1 II HeimG und damit um die Abgrenzung der heimmäßigen Unterbringung zu der Form eines „Betreuten Wohnens“, hier der Familienunterbringung / Familienpflege. Die Höhe der Vergütung des Betreuers hängt genau von dieser Einordnung ab. Diese richtet sich entweder nach § 5 II 1 Nr. 4 VBVG (zwei Stunden im Monat bei einem mittellosen Betreuten mit gewöhnlichem Aufenthalt im Heim) der nach § 5 II 2 Nr. 4 VBVG (dreieinhalb Stunden im Monat bei einem mittellosen Betreuten ohne Heimunterbringung).
Im Sinne des § 5 III VBVG sind Heime Einrichtungen, die dem Zweck dienen, Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie tatsächliche Betreuung und Verpflegung zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden. Einrichtungen sind Verbindungen aus sächlichen und personellen Mitteln unter der Verantwortung eines Trägers.
Insoweit sieht der Senat bei der Familienpflege das Vorliegen der Heimkriterien grundsätzlich nicht als erfüllt an. Dabei ist nach der Auffassung des Senats für die Beurteilung ausschlaggebend, dass die Pflege in einer Familie schon vom Grundsatz her nicht der in einem Heim gleichsteht. Des Weiteren werden Heime von einer professionellen Leitung geführt und verfügt über entsprechend ausgebildetes Personal, insbesondere geschulte Pflegekräfte, wodurch die Pflege im Heim ausreichend gesichert ist und in dieser Institution selbst einer an sich genügenden Überwachung unterliegt. Aufgrund dessen ist der Arbeitsaufwand des Betreuers in diesem Fall pauschal als geringer zu bewerten.
Wird nun die Unterbringung in einer Pflegefamilie durch einen Heimträger veranlasst, der weiterhin durch einen Familienpfleger begleitend präsent bleibt und sich zur Wiederaufnahme des Betreuten im Heim selbst verpflichtet, kann bei der Unterbringung in der Pflegefamilie ausnahmsweise von einem Heimaufenthalt ausgegangen werden. Grund dafür ist, dass die Betreuung und deren Überwachung wiederum im Wesentlichen dem Heimträger obliegt und der Arbeitsaufwand des Betreuers ebenfalls entsprechend reduziert ist.
Die Rechtslage ist jedoch anders zu beurteilen, wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um einen Träger handelt, der nur eine Form der ambulanten Betreuung anbietet. Liegt ein solcher Fall vor, muss das Berechnungskriterium „nicht im Heim“ bejaht werden. Insoweit kann hier nicht – allein abstellend auf die Gegebenheiten in der Familie – ausschlaggebend sein, ob die Pflegefamilie ein oder zwei Pfleglinge aufgenommen hat, ob diese einen Einfluss auf die Aufnahme eines anderen Pfleglings haben, ob sie über eine eigene Kochgelegenheit verfügen oder die Mahlzeiten mit der Familie einnehmen, ob sie ihr Zimmer und ihre Wäsche selber reinigen oder insoweit die Hilfe der Familie in Anspruch nehmen usw.
Die vom Oberlandesgericht Oldenburg in einem vergleichbaren Fall vorgenommene Differenzierung hinsichtlich der Detailumstände der Unterbringung in einer Familie mit dem Ergebnis, dass von einem Heimaufenthalt ausgegangen wurde, widerspricht nach der Überzeugung des Senats der Intention des Gesetzgebers. Diese liegt darin, durch die Einführung der pauschalen Betreuervergütung deren Abrechnung zu vereinfachen und nicht zu erschweren. Müsste in jedem Einzelfall eine Detailabwägung, abgestellt auf die Verhältnisse in den jeweiligen Pflegefamilien, vorgenommen werden, würde gerade dieses gesetzgeberische Ziel verfehlt.
Wegen der unterschiedlichen Anforderungen an die Einordnung der Familienpflege unter das Berechnungskriterium „im Heim“ oder „nicht im Heim“, die das Oberlandesgericht Oldenburg und der Senat stellen, wird die Vorlage vor dem Bundesgerichtshof für zulässig gehalten.
Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 25.10.2007, Az: 8 W 313/07