Im Gegensatz zu Erbverzichten kommen die Pflichtteilsverzichte in der Praxis häufig vor. Insbesondere bei Betriebs- und Unternehmensnachfolge, bei Teilungsanordnungen, im Rahmen von Eheverträgen, aber auch bei Pflichtteilsergänzungsansprüchen findet man Pflichtteilsverzichte. Am häufigsten erklären hierbei Kinder gegenüber ihren Eltern den Pflichtteilsverzicht.
Wie der Erbverzicht ist auch der Pflichtteilsverzicht notariell zu bekunden. Jedoch ist lediglich der Erbverzicht im BGB geregelt. Nach Regelungen des Pflichtteilsverzichts sucht man hingegen vergeblich. Warum wird aber ein Pflichtteilsverzichtende zwischen Erblasser und Erben vereinbart? Für den Erben kann es mitunter von Vorteil sein, sich seinen Erbteil bereits zu Lebzeiten des Erblassers auszahlen zu lassen, wenn der potentielle Erbe beispielsweise ein Unternehmen gründen will. Auf der anderen Seite kann der Erblasser durch eine solche Vereinbarung seine Testierfreiheit ausdehnen, da er bei den zukünftigen Verfügungen von Todes wegen keine Rücksicht mehr auf den Pflichtteil nehmen muss. Der Pflichtteilsverzicht beinhaltet auch den Verzicht auf Pflichtteilsergänzungsansprüche. Es besteht allerdings die Möglichkeit einen Teilverzicht zu erklären und somit auf den Ergänzungsanspruch aus einer konkreten Schenkung zu verzichten. Im Zweifel erstreckt sich der Pflichtteilsverzicht auf den ganzen Stamm, also auch auf die Abkömmlinge des Erben, wobei es hierbei nicht darauf ankommt, ob sie eine Abfindung erhalten haben. Allerdings kann diese Rechtsfolge des Pflichtteilsverzichts im Vertrag verzichtet werden.
Tanja Stier
Rechtsanwältin