Von großer Bedeutung, aber sehr umstritten, ist die Frage, inwieweit eine Patientenverfügung einer Reichweitenbegrenzung unterliegen soll. Fraglich ist, ob ein Patient für alle Behandlungsmaßnamen und Situationen in seiner Patientenverfügung Regelungen treffen kann (unbegrenzte Reichweite) oder dies nur für ganz bestimmte medizinische Indikationen (begrenzte Reichweite) gilt.
In diesem Zusammenhang ist die Entscheidung des BGH vom 17.03.2003 von großer Bedeutung. Hierbei fordert der BGH eine Reichweitenbegrenzung auf unheilbare Grundleiden mit tödlichem Verlauf, wobei er sich darauf beruft, nichts regeln zu können was strafrechtlich nicht erlaubt ist. Denn es sei ein wesentlicher Unterschied, wenn ein Patient selbst eine lebensrettende Maßnahme ablehne, was ihm sein Selbstbestimmungsrecht immer erlaubt, oder ein Dritter dies für ihn entscheidet.
Ebenso sieht auch der Gesetzesentwurf des Abgeordneten W. Bosbach eine Reichweitenbegrenzung vor. Demnach sollten Patientenverfügungen nur bindend sein, wenn nach ärztlicher Überzeugung die Krankheit des Patienten einen irreversibel tödlichen Verlauf nimmt oder der Patient sich in einem Zustand des Wachkomas befindet und mit sehr großer Wahrscheinlichkeit trotz Ausschöpfung aller medizinischen Möglichkeiten nie wieder sein Bewusstsein erlangt.
Dabei versuchen die Befürworter einer Reichweitenbegrenzung sich mit Argumenten wie der Verhinderung von Missbrauch oder den slippery-slope-Effekt zu rechtfertigen. Sie degradieren die Patientenverfügung als einen Türöffner zur aktiven Sterbehilfe und versuchen sie sich darauf zu stützen, dass in Zeiten der Ressourcenknappheit die Patientenverfügung für eine Kostensenkung zugunsten der Krankenkasse missbraucht werden könnte.
Des Weiteren stellen die Befürworter der Reichweitenbegrenzung auf einen irreversiblen Krankheitsverlauf ab. Jedoch ist der Begriff des irreversiblen Krankheitsverlaufs medizinisch nicht klar definierbar, was auch Ärzte in eine große Unsicherheit kommen lässt. Denn ein Patient ist auch mit einer unheilbaren Krankheit unter Umständen in der Lage noch lange zu leben. Daher wäre es verfehlt, alleine auf eine Verkürzung der Lebenserwartung abzustellen.
Andererseits stehen die Kritiker der Reichweitenbegrenzung, wie Joachim Stünker oder auch der deutsche Ethikrat dem entgegen.
Sie halten jede Form der Reichweitenbegrenzung für verfassungswidrig, was sie damit begründen, dass in Deutschland das Recht auf Selbstbestimmung gem. Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG höher eingeschätzt werde als die staatliche Schutzpflicht des Lebens. Ein einwilligungsfähiger Patient habe jederzeit die Möglichkeit, also auch ohne einen etwaigen tödlichen Krankheitsverlauf, sich für oder gegen einen ärztlichen Heileingriff zu entscheiden. Dabei dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass das Selbstbestimmungsrecht auch ein Recht auf Selbstgefährdung bis hin zur Selbstaufgabe oder Selbstmord beinhaltet, welcher unumstritten nicht strafbar ist. Demnach erscheint es nicht gerecht, einem Patienten, welcher eine Verfügung erstellte, um seinen Willen zu verdeutlichen, dieses Recht wieder abzusprechen.
Daher ist eine Begrenzung des Selbstbestimmungsrechts zugunsten des Lebensschutzes rechtlich nicht begründbar. Denn Lebensschutz darf nicht in Lebenszwang umgewandelt werden.
Im Ergebnis kann man sagen, dass die vorgeschlagene Reichweitenbegrenzung sicherlich gute Ansätze hat und gute Absichten verfolgt, jedoch gerade dort neue Rechtsunsicherheit schafft, wo man eigentlich Sicherheit schaffen wollte. Daher hat sich der 66. Deutsche Juristentag ebenso wie die überwiegende Mehrheit der Deutschen Bevölkerung mehrheitlich gegen eine Reichweitenbegrenzung ausgesprochen.
Folglich kann man davon ausgehen, dass eine künftige gesetzliche Regelung der Patientenverfügung keine Reichweitenbegrenzung vorsieht.