Die so genannte Pflichtschenkung, unter welcher die sittlich gebotene Unterstützung von Not leidenden Geschwistern oder anderer Verwandter verstanden wird, kann nicht widerrufen werden. Ob eine solche Pflichtschenkung vorliegt, ist meistens sehr schwierig zu beurteilen. Wenn nämlich Verwandte bzw. Geschwister beispielsweise einen Angehörigen pflegen und ihnen dann Zuwendungen für die geleisteten Dienste gemacht werden, dann rührt dies nicht immer gleich aus einer sittlichen Pflicht zur Schenkung. Zur Verdeutlichung soll an dieser Stelle auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 09.04.1986 (Aktenzeichen: IVa ZR 125/84) eingegangen werden: ein Sohn und seine Ehefrau haben den bettlägerigen Vater über lange Jahre versorgt und verpflegt. Die Ehefrau putzte zudem die Wohnung ihres Schwiegervaters. Hierfür erhielten die Eheleute monatlich rund 50 €. Außerdem übergab der Vater den Eheleuten einmal ca. 8.000 € und ein anderes Mal 12.000 €. Nachdem der Vater in ein Altersheim kam, musste aufgrund der knappen Rente des Vaters das Sozialamt die Pflegekosten übernehmen. Das Amt klagte daraufhin gegen die Eheleute auf Herausgabe des geschenkten Betrages. Der Bundesgerichtshof entschied, dass es sich in diesem Fall nicht um eine so genannte Pflichtschenkung gehandelt habe und dass der Betrag aufgrund des Bundessozialhilfegesetzes zurückgezahlt werden müsse. In seiner Entscheidung verwies der BGH auf seine ständige Rechtsprechung, wonach eine sittliche Pflicht zur Schenkung nicht bereits dann bejaht werden könne, wenn der Schenker nach den Geboten der Sittlichkeit aus Nächstenliebe dem Beschenkten hilft. Aber auch die jahrelange Versorgung und Pflege eines Angehörigen führe nicht gleich zu einer sittlichen Schenkungspflicht. Eine sittliche Belohnung derartiger Pflegeleistungen könne nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände vorliegen, welche das Ausbleiben einer solchen Belohnung als sittlich anstößig erscheinen ließen. Dies sei beispielsweise dann gegeben, wenn der pflegende Angehörige schwerwiegende persönliche Opfer bringt und deswegen in eine Notlage gerät. Da derartige Umstände aber in diesem zu entscheidenden Fall nicht ersichtlich seien, so der BGH, habe keine sittliche Pflicht zur Schenkung bestanden.