Entzug des Pflichtteils wegen Mordes

Schenkung_1.jpgDer Bundesgerichtshof hatte (Urteil vom 23.01.1980, Aktenzeichen: IV ZR 152/78) über einen Fall zu entscheiden, in welchem ein Vater seinen Sohn enterbt hatte. Als Grund gab der Vater in seinem Testament an, dass der Sohn sich als erbunwürdig im Sinne von § 2333 Nr. 5 BGB erwiesen habe. Der Sohn ist nämlich wegen eines begangenen Mordes an einem Oberwachtmeister zu sechs Jahren und sechs Monaten Jugendstrafe verurteilt worden.

§ 2333 BGB
Der Erblasser kann einem Abkömmling den Pflichtteil entziehen:
1. wenn der Abkömmling dem Erblasser, dem Ehegatten oder einem anderen Abkömmling des Erblassers nach dem Leben trachtet,
2. wenn der Abkömmling sich einer vorsätzlichen körperlichen Misshandlung des Erblassers oder des Ehegatten des Erblassers schuldig macht, im Falle der Misshandlung des Ehegatten jedoch nur, wenn der Abkömmling von diesem abstammt,
3. wenn der Abkömmling sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser oder dessen Ehegatten schuldig macht,
4. wenn der Abkömmling die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt,
5. wenn der Abkömmling einen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel wider den Willen des Erblassers führt.

Voraussetzung für eine Entziehung des Pflichtteils gemäß § 2333 Nr 5 BGB ist aber, dass der Abkömmling einen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel wider den Willen des Erblassers führt. Hierzu fehle es aber, so das Gericht, teilweise an den erforderlichen Feststellungen.
Das Gericht wertet das Verhalten des Klägers, nämlich den Mord, den er begangen hat, und auch sein Eindringen in die Ehe des Opfers zwar als ehrlos im Sinne von § 2333 Nr 5 BGB . Es lehnte aber das Vorliegen der weiteren Voraussetzung, nämlich ob der Sohn durch sein Verhalten in den Interessenkreis des Vaters eingegriffen hat, ab. § 2333 Nr 5 BGB setzte nämlich auch ein Handeln gegen die Interessen des Erblassers voraus. Schutzgut sei insoweit die Familienehre. Der Zweck des Pflichtteilsentziehungsrechtes beschränke sich nicht auf eine Bestrafung des Abkömmlings wegen seines Verhaltens, sondern die gesetzliche Regelung ziele, wie aus § 2336 Abs 2 und 4 BGB folgt, in mindestens gleichem Maße auch darauf ab, auf das Verhalten des Abkömmlings noch Einfluss zu nehmen und ihn zur "Umkehr" zu bewegen. Wenn aber, wie in diesem Fall, der Sohn nicht wirklich in die Familie integriert sei und der Vater keinerlei Einfluss auf das Verhalten seines Sohnes hat, dann könne der Sohn auch nicht die Familienehre verletzten. Ein Pflichtteilsentzug sei nicht möglich.