Erbverzicht

Der reine Erbverzicht, wie er in § 2346 Abs. 1 BGB geregelt ist, spielt in der Praxis eine untergeordnete Rolle. Er wird selten vereinbart. Ausschlaggebend hierfür ist, dass im Falle eines Erbverzichts im Sinne des § 2346 Abs. 1 BGB der Verzichtende und sein ganzer Stamm als gesetzliche Erben wegfallen. Der Verzichtende und sein Stamm werden also so behandelt, als ob sie zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätten. Damit hat der Erbverzicht nicht nur Konsequenzen für den Verzichtenden sondern auch für seine Nachkommen, was enorme Auswirkungen auf das Pflichtteilsrecht hat. Die Ausstreckung des Erbverzichtes auf den ganzen Stamm kann allerdings auch in dem Erbverzichtsvertrag abbedungen werden.
Im Pflichtteilsrecht lässt sich ein wirtschaftlicher Hintergrund für den Erbverzicht finden. In § 2310 S. 2 BGB wird der Verzichtende bei der Ermittlung der potentiellen gesetzlichen Erben nicht mitgezählt. Vielmehr geht der Gesetzgeber davon aus, dass der Verzichtende seinen Anteil am Erbe schon erhalten hat in Form einer Abfindung. Beim Erbverzicht handelt es sich um einen vom Erblasser zu seinen Lebzeiten geschlossenen Vertrag, welcher sowohl mit dem Erben als auch mit dem Vermächtnisnehmer geschlossen werden kann. Nicht nur auf das gesetzliche Erbrecht kann verzichtet werden, sondern auch auf eine Erbeinsetzung oder eine Vermächtniszuwendung, vgl. § 2352 BGB. Der Erbverzicht kann durch jeden, der als gesetzlicher Erbe in Betracht kommt, erklärt werden. Ein Erbverzicht macht allerdings nur bei Pflichtteilsberechtigten Sinn, da der Erblasser alle anderen gesetzlichen Erben auch durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausschließen kann. Nach § 2346 Abs. 1 S. 2 BGB gilt, dass wenn nichts anderes vereinbart ist, der Erbverzicht auch den Verzicht auf den Pflichtteil enthält.
Mit dem Erbverzicht geht einher, dass sich die sowohl Erbquoten als auch die Pflichtteilsquoten der übrigen Erben erhöht, vgl. § 2310 Abs. 3 BGB.
Auch der eingetragene Lebenspartner kann nach § 10 Abs. 8 LPartG auf sein gesetzliches Erbrecht verzichten.
Tanja Stier
Rechtsanwältin