Hinweispflichten des Notars bei Schenkungsverträgen

Der Notar muss bei der Beurkundung eines Schenkungsvertrages unter Lebenden grundsätzlich auf das mögliche Entstehen einer Schenkungssteuerpflicht hinweisen.

Der beklagte Notar beurkundete einen Schenkungsvertrag, gemäß dem sich der Schwiegervater der Klägerin verpflichtete, sein Eigentum an einem Grundstück zu je hälftigen Teilen auf seinen Sohn und die Schwiegertochter zu übertragen. Eingangs hatte der Notar einen Vertrag entworfen, in dem die Immobilie allein auf den Sohn des Schenkers übergeben werden sollte. Jedoch wurde aufgrund des letztlich beurkundeten Schenkungsvertrages gegen die Erwerberin Schenkungssteuer festgesetzt. Die Klägerin verlangte, abzüglich der Beurkundungskosten für einen weiteren Übergabevertrag, der im Rahmen einer sog. Kettenschenkung später hätte geschlossen werden können, im Wege des Schadensersatzes die Schenkungssteuer vom Beklagten zurück.

Sie führte an, dass der Notar sie auf eine mögliche Schenkungssteuer hätte hinweisen müssen, zumindest hätte er den Hinweis geben müssen, sich steuerlich beraten zu lassen. Die steuerlichen Umstände, die für den Notar völlig offenkundig waren, sind von den Vertragsbeteiligten nicht erkannt worden. Wäre die Klägerin auf die steuerliche Lage hingewiesen worden, hätte sie sich anderweitig steuerlichen Rat eingeholt und hätte sich für die Alternative der „Kettenübertragung“ gewählt.

Das Landgericht wies die Klage ab, da die Rechtsbelehrungs- und allgemeine Betreuungspflicht des Notars gem. §§ 17 I 1 BeurkG, 14 I 2 BNotO keine Pflichten begründet, auf die steuerlichen Folgen des beurkundeten Geschäfts hinzuweisen.

In der Berufungsinstanz war die Klägerin jedoch erfolgreich, das Oberlandesgericht spricht der Klägerin den Schadensersatzanspruch zu. Insoweit sei es richtig, dass dem Notar keine allgemeine Hinweispflicht auf steuerliche Nachteile des beurkundeten Geschäfts obliegt, allerdings ist nach der Sondervorschrift des § 8 I und IV ErbStDV auf die Möglichkeit des Anfalls von Schenkungssteuer hinzuweisen. Die dort genannte Hinweispflicht soll gerade die Vertragsparteien und nicht allein die Finanzbehörden schützen, da diese durch die Übersendungs- und Mitteilungspflichten des § 8 ErbStDV gesondert geschützt sind. Insoweit scheidet eine Zurechnung des möglicherweise gegebenen Wissens der veräußernden Partei um die Schenkungssteuer zum Nachteil der Klägerin als übernehmende Partei aus. Aufgrund seiner Pflicht zur Neutralität und Unparteilichkeit gem. § 14 I 2 BNotO ist der Notar gehalten, die Beteiligten auch über mögliche schenkungssteuerliche Folgen des von ihm beurkundeten Übergabevertrages aufzuklären, sollte er erkennen, dass insoweit ein Wissensgefälle vorliegt.

Der Senat sieht die Kausalität der unterlassenen Hinweispflicht des Notars zum entstandenen Schaden, da bei ordnungsgemäßer Aufklärung von den Beurkundenden die „Kettenübertragung“ zur Steueroptimierung gewählt worden wäre.

Im Ergebnis ist dieses Urteil zu begrüßen. Schließlich stellt es klar, dass Notare zumindest einen Hinweis auf mögliche Schenkungssteuerpflichten bei Beurkundungsvorgängen geben müssen.
Allerdings nimmt der Senat aufgrund der Gesamtumstände an, das die steuerneutrale Kettenübertragung gewählt worden wäre, wodurch die Klägerin eine wirtschaftlich gleiche Position erhalten hätte. Jedoch ist diese Argumentation rein spekulativ. Während der langen Behaltungsfristen, die der Bundesfinanzhof für diese Art von Übertragung verlangt, wäre die Trennung der Übernehmer durchaus möglich gewesen. Im Schadensersatzprozess hätte hierzu wiederum der Notar vortragen und Beweis antreten müssen, dies dürfte ihm allerdings kaum möglich sein.

OLG Oldenburg, Urteil vom 12.06.2009

Tanja Stier

Rechtsanwältin