Zu der Frage, ob eine Schenkung eines Miteigentumsanteils an den Ehemann als Belohnung für seine Arbeiten am Haus eine Anstandsschenkung ist, entschied der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 18.04.1986 (Aktenzeichen: V ZR 280/84) folgenden Fall: durch einen Vertrag schenkte eine Ehefrau ihrem Mann die Hälfte von zwei ihr gehörenden Grundstücken, auf welchen ein Dreifamilienhaus stand. Vor und nach Vertragsschluss haben die Eheleute an dem Haus Um- und Ausbauarbeiten durchgeführt. Zudem hat der Ehemann auf einem anderen Grundstück der Ehefrau einen Hofraum befestigt und eine Werkstatt errichtet. Nach dem Scheitern der Ehe widerrief die Frau die Schenkung und forderte die Rückübertragung des Miteigentumsanteils. Der Ehemann war jedoch der Ansicht, dass es sich um eine Anstandsschenkung gehandelt hat, die nicht widerrufen werden könne. Zum einen sei nämlich der Wert des Grundstücks nicht sehr hoch gewesen, zum anderen wurde ihm das Grundstück geschenkt, da es ihm aufgrund seiner geleisteten Arbeit beim Umbau gebühre.
Das Gericht entschied jedoch, dass es keine Anstandsschenkung sei und daher sehr wohl widerrufen werden könne. Grundsätzlich sei eine Anstandsschenkung nämlich nur dann gegeben, wenn es sich um ein übliches Gelegenheitsgeschenk oder um ein gebräuchliches Geschenk unter nahen Verwandten handelt, welches schon vom Wert oder Anlass her als Anstandsschenkung gelte. Bei der Schenkung, die als Belohnung gedacht ist, lägen diese typischen Merkmale aber nicht vor. Vielmehr läge eine Anstandsschenkung nur dann vor, wenn das Geschenk nicht erheblich über das Maß der Freigebigkeit hinausgeht, welches der Beschenkte als Ausgleich für seine Leistungen vom Schenker anständigerweise erwarten darf. Wenn aber beide Partner Reparaturen und Verbesserungen am Haus vornehmen, dann würde es die auf den Anstand nehmende Rücksicht es nicht gebieten, dass dem einen Ehepartner gleich die Hälfte eines Grundstücks geschenkt wird. Zudem müsse in diesem Fall auch berücksichtigt werden, dass die Arbeiten nicht nur der Ehefrau zugute kamen, sondern beiden Partnern. Die Wertverbesserung des Hauses könne deshalb kein Anlass sein, anzunehmen, der Anstand gebiete der Ehefrau, ihrem Ehemann die Hälfte des Grundstücks zu übertragen. Laut Gericht läge daher eine gewöhnliche Schenkung vor, die widerrufen werden könne.