Wie lege ich Verfassungsbeschwerde ein? Was muss man beachten?

Dieser Beitrag soll einen Überblick über die Verfassungsbeschwerde verschaffen und was man bei Einreichung einer solchen beachten muss. Die Verfassungsbeschwerde  gibt es auf Bundesebene (d.h. vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe) als auch in Bayern vor dem Bayrischen Verfassungsgerichthof in München.

I.    Gesetzliche Regelung

Die Verfassungsbeschwerde auf Bundesebene ist in Art. 93 Abs. 1 Ziff. 4a) GG, die Verfassungsbeschwerde vor dem Bayrischen Verfassungsgerichtshof in Art. 93 Abs. 1 S. 1 der Bayrischen Verfassung geregelt.


II.    Wer kann Verfassungsbeschwerde einlegen?

Die Verfassungsbeschwerde kann gem. § 90 Abs. 1 BVerfGG von „jedermann“ erhoben werden. Voraussetzung ist lediglich, dass der Beschwerdeführer überhaupt in Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt sein kann. Eine Prozessfähigkeit ist im BVerfGG nicht geregelt. Will man jedoch Verfassungsbeschwerde durch einen Rechtsanwalt einlegen lassen, so bedarf dieser einer besonderen Vollmacht nach § 22 BVerfGG.

III.    Beschwerdegegenstand

Beschwerdegegenstand kann jeder Akt der öffentlichen Gewalt sein, also der vollziehenden Gewalt, Rechtsprechung und Gesetzgebung. Damit ist nicht nur Handeln der öffentlichen Gewalt gemeint, sondern auch auf Unterlassen.
Liegen mehrere Akte der öffentlichen Gewalt in der gleichen Sache vor, wie z.B. Verwaltungsakt, Widerspruchsbescheid, Urteil, Berufungsurteil usw., so hat der Beschwerdeführer die Wahl, ob er nur die letztinstanzliche Gerichtsentscheidung oder alle Entscheidungen, also auch der Vorinstanzen als Akt der Vollziehenden Gewalt mit der Verfassungsbeschwerde angreifen will.

IV.    Beschwerdebefugnis

Die Verfassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer behauptet, in einem seiner Grundrechte verletzt zu sein. Er muss dabei folgende Voraussetzungen darlegen:

  • Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung
  • Verletzung in eigenen Grundrechten (sog. eigene Beschwer)
  • schon oder noch betroffen (sog. gegenwärtige Beschwer) und
  • unmittelbar in seinen Grundrechten verletzt zu sein (sog. unmittelbare Beschwer).


V.    Rechtsschutzbedürfnis

Im Verfassungsbeschwerdeverfahren versteht man unter dem Rechtschutzbedürfnis zwei Voraussetzungen, die beide erfüllt seien müssen:

1.    Rechtswegerschöpfung
2.    Subsidiarität

Unter Rechtswegerschöpfung versteht man, dass der Beschwerdeführer alle prozessualen Wege, die ihm mit seinem Begehren, die behauptete Grundrechtsverletzung zu überprüfen und auszuräumen vor den deutschen staatlichen Gerichten in Anspruch genommen hat.

Das Erfordernis der Subsidiarität geht über die Rechtswegerschöpfung hinaus: Die Verfassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn die Grundrechtsverletzung des Beschwerdeführers auf keine andere Weise durch die Gerichte oder andere Organe hat oder hätte beseitigt werden können. Eine sog. Vorabentscheidung, also ohne Rücksicht auf Rechtswegerschöpfung und Subsidiarität ist nur möglich, wenn die Verfassungsbeschwerde von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer unabwendbarer Nachteil entstünde, wenn er auf den Rechtsweg verwiesen würde.

VI.    Form und Frist

Gem. § 23 Abs. 1 S. 1 BVerfGG ist die Verfassungsbeschwerde schriftlich einzureichen. Ein Telegramm oder Telefax ist dabei ausreichend. Des Weiteren muss die Verfassungsbeschwerde begründet werden. Dabei sind das Recht, das verletzt seien soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die man sich verletzt fühlt zu nennen. Es genügt, wenn man das Recht, welches verletzt seien soll dem Inhalt nach nennt. Eine Bezeichnung nach Artikel oder Paragraph mit Absatz und Satz ist nicht erforderlich.

VII.    Frist

Gem. § 93 Abs. 1 S. 1 BVerfGG ist die Verfassungsbeschwerde innerhalb eines Monats zu erheben. Die Frist beginnt bei Gerichtsentscheidungen mit Bekanntgabe des letztinstanzlichen Urteils. Bei Hoheitsakten gegen die kein Rechtsweg offen steht läuft gem. § 93 Abs. 3 BVerfGG eine Jahresfrist.

VIII.    Nachträgliche Rücknahme möglich!

Man kann bereits eingelegte Verfassungsbeschwerden nachträglich zurücknehmen. Eine Ausnahme besteht dann, wenn die Verfassungsbeschwerde von allgemeiner Bedeutung ist.